Revisionshandlung

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Die Revision eines niedergeschriebenen Textes führt vielfach zu Textänderungen. Folgende Typen von Revisionshandlungen lassen sich phänomenologisch unterscheiden: Tilgung, Einfügung, Umstellung, Ersetzung, wobei Textersetzung genau genommen keine eigene Kategorie darstellt, sondern durch die Kombination von Tilgung und Einfügung zustande kommt.(1)


Explikation

Die Grundlegung dieser Unterscheidung geht auf den römischen Rhetorik-Lehrer Marcus Fabius Quintilianus (1. Jh. n. Chr.) zurück. In seiner Institutio oratoria (‘Unterweisung in der Redekunst’) führte er folgende Termini für Textänderungen ein, die ursprünglich zur Klassifizierung von sprachlichen Normabweichungen (Fehlern) dienten: adiectio – Hinzufügung, detractio – Wegnahme, transmutatio – Umstellung, immutatio – Ersetzung. Die begriffliche Ausarbeitung erfolgte durch Heinrich Lausberg in seinem Handbuch der literarischen Rhetorik.

Eher im Grenzbereich zu Korrekturen sind jene Revisionshandlungen einzuordnen, die nicht unbedingt zu Textänderungen führen, sondern lediglich durch Verdeutlichung des bereits Niedergeschriebenen das Textverständnis sichern wollen, wie dies etwa bei der Nachzeichnung einzelner Graphe der Fall ist.

Alternative Bezeichnungen in der linguistischen Schreibforschung sind:

Tilgung: Subtraktion, Deletion, Extrapolation

Einfügung: Addition, Interpolation

Umstellung: Permutation

Ersetzung: Substitution (Kombination von Interpolation und Extrapolation)


Literatur

  • Hofmeister-Winter, Andrea, Revisionen in Handschriften: Editorischer Ballast oder nützliche Hinweise für die Erforschung der Schriftlichkeit? in: Wernfried Hofmeister und Bernd Steinbauer, Hgg., Durch aubenteuer muess man wagen vil. Festschrift für Anton Schwob zum 60. Geburtstag, Innsbruck 1997 (Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Germanistische Reihe. 57), S. 141–158.
  • Knape, Joachim, Änderungskategorien, in: Gert Ueding, Hg., Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 1, Tübingen 1992, Sp. 549–566.
  • Lausberg, Heinrich, Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft, 3. Aufl., Stuttgart 1990 (zuerst 1960).
  • Nutt-Kofoth, Rüdiger, Variante, Lesart, Korrektur oder Änderung? Zum Problem der Synonyme in der neugermanistischen Editionsphilologie, in: Gunter Martens, Hg., Editorische Begrifflichkeit. Überlegungen und Materialien zu einem „Wörterbuch der Editionsphilologie”, Berlin und Boston 2013 (Beihefte zu editio. 36), S. 113–124.
  • Quintilianus, Marcus Fabius, Ausbildung des Redners. Zwölf Bücher, Lateinisch–Deutsch, 2 Bde, hrsg. und übers. von Helmut Rahn, 3. Aufl., Darmstadt 1995.
  • Rau, Cornelia, Revisionen beim Schreiben, in: Manfred Kohrt und Arne Wrobel, Hgg., Schreibprozesse – Schreibprodukte. Festschrift für Gisbert Keseling, Hildesheim 1992, S. 301–319.
  • Reibold, Janina, Textrevisionen in Hamanns Fliegendem Brief. Terminologische Überlegungen zur Unterscheidung von Änderungen in literarischen Entwürfen, in: Wernfried Hofmeister und Andrea Hofmeister-Winter, Hgg., Textrevisionen. Beiträge der Internationalen Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft für germanistische Edition, Graz, 17. bis 20. Februar 2016, Berlin und Boston 2017 (Beihefte zu editio. 41), S. 73–84.


Referenzen

(1) Reibold, S. 78.

hra